Wie du im Kopf deiner Leser:innen einen Film anknipst

#365schreibtippsEs gibt viele Anlässe, bei denen eine detailliert bildhafte Erzählung sinnvoll ist. In einem Roman etwa. Manchmal ist es aber besser, den Text eher als Regieanweisung fürs Kopfkino der Lesenden zu verstehen. Wenn etwa eine Botschaft vermittelt werden soll, die dir oder deinen Auftraggebern wichtig ist. Wenn Inhalte in aller Tiefe verstanden und behalten werden müssen. Und manchmal natürlich, ganz lapidar: weil du etwas verkaufen möchtest.

Klar ist, dass Menschen den Sinn eines Textes besser erfassen, wenn er in ihrem Kopf einen Film laufen lässt. Dann gelingt das Verstehen von Zusammenhängen besser, Fakten bleiben besser hängen und überzeugender ist es obendrein. Ein bisschen hat Letzteres tatsächlich mit Trotz zu tun: Sobald sich etwas im eigenen Kopf zu einer Geschichte geformt hat, fühlt es sich wie „selbstgedacht“ an – und an den eigenen Ideen zweifelt man meist weniger als an fremden. So sind wir Menschen eben.

So schreibst du ein Drehbuch fürs Kopfkino

Verwende Worte, die die Sinne ansprechen

Es ist ein großer Unterschied, ob du schreibst „Marie isst ein Butterbrot“ oder „Marie beißt vergnügt in das knusprige, mit köstlich frischer Butter bestrichene Brot“. Inhalte werden besser memoriert, wenn man sie mit eigener sinnlicher Erfahrung verknüpfen kann.       

„Hühner höre ich noch gackern, Geflügel nicht mehr“

Dieses Zitat stammt von dem bekannten deutschen Sprachforscher Wolf Schneider. Und recht hat er: Ein Huhn haben wir sofort vor Augen, inklusive Soundkulisse. Aber Geflügel? Truthähne kollern doch völlig anders als fröhlich gackernde Hühner, ein Gänse- oder Schwanenschrei ist nochmal eine andere Nummer. Nein, das bringt man im Kopf nicht zu einem Ton zusammen. Sei also, was grundlegende Charaktere, Zusammenhänge und Abläufe angeht, präzise. Der Rest darf dann gern etwas diffuser sein.

Benutze passende Wortwelten – und zwar ebenso sparsam wie konsequent

Sobald die Schere zwischen einem Textthema und der gewählten Begriffswelt zu weit auseinandergeht, läufst du Gefahr, deine Zielgruppe zu verlieren. Im schlimmsten Fall kann es sogar peinlich werden. So mag es passend (wenn auch mittlerweile reichlich überstrapaziert) sein, bei Teambuildingmaßnahmen von einer „Crew“ zu sprechen, die „gemeinsam die Segel setzt“ und „zu neuen Ufern aufbricht“. Dieselbe Wortwelt käme uns in einer Infobroschüre über Fertighäuser vermutlich schräg vor … und der verantwortlichen Texterin müsste man leider arge Bemühtheit attestieren.

Hast du einen passenden thematischen Aufhänger gefunden, bleib konsequent dabei und mische nicht z.B. launigen Seefahrt- und peppigen Modejargon. Headlines oder Teaser sind gute Plätze für ein Fragment hie und da. Sei dir gleichzeitig bewusst, dass zu eng gesteckte Begriffswelten auch die Fantasie der Leserschaft bremsen können. Weniger ist hier mehr.

Finde das richtige Maß an Details und „kitzle“ mit Andeutungen

Genaue Beschreibungen von Charakteren, Szenerie, Abläufen etc. sind einerseits wichtig, um die gewünschte Botschaft zu übermitteln oder eine Szene abzustecken. Man kann es allerdings auch übertreiben – und verbaut der Leser:innen-Fantasie damit jede Chance, selbst tätig zu werden. Und das, wir haben es oben gerade gelernt, fühlt sich dann schon nicht mehr „selbstgedacht“ an. Lies deshalb deine als Kopfkino-Anknipser konzipierten Texte unter genau diesem Gesichtspunkt mehrmals durch und setz den Rotstift an! Fast immer entpuppen sich dabei manche Details als überflüssig. Dann dürfen sie gehen (z.B. in die „Resterampe“ aus Tipp Nr. 36).

Intelligente Andeutungen sind, sparsam eingesetzt, ein klares Nice-to-have fürs Kopfkino. Beachte hierbei jedoch unbedingt, dass nicht jeder Mensch, der deinen Text lesen wird, so denkt und kombiniert wie du! Besser planst du Andeutungen niedrigschwellig. 

Und jetzt: Text raus. Popcorn her. Das Kopfkino kann losgehen!

#365schreibtipps #kreativschreiben

Ein exklusiver Beitrag zu #365schreibtipps

von Lilian Kura, www.textup.de

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