Nur richtig stark, wenn’s selten ist: das Ausrufezeichen
Das Ausrufzeichen gehört zu den Lieblingssatzzeichen der Deutschen. „Herzlich willkommen!“ „Achtung, Ihr Visum läuft ab!“ Alles, alles Gute für die Zukunft!!! Ja, häufig taucht es sogar als Zwilling oder Drilling auf. Aber wirkt es deshalb auch so stark wie es den Anschein hat? Klar, es soll eine Aussage hervorheben, betonen. Das tut es auch. Aber nur dann, wenn es nicht in jedem zweiten Satz verwendet wird.
Ich habe vor mehr als zwei Jahrzehnten mal an einer Fortbildung für Texter*innen teilgenommen. Eine Aussage des Workshopleiters habe ich noch heute jedes Mal im Kopf, wenn ich ein Ausrufezeichen in einem Text verwende:
„Sie haben in Ihrem Berufsleben drei Ausrufezeichen zur Verfügung. Gehen Sie sparsam damit um.“
Bis heute überprüfe ich bei jedem Ausrufezeichen: Muss das dort stehen? Kann ich es nicht ersetzen? Wirkt der Satz nicht auch ohne Ausrufezeichen stark genug? Kann ich hier nicht auch auf eine andere Art eine besondere Betonung erreichen? Und auch: Muss ich an dieser Stelle überhaupt derart betonen?
Bei den drei Beispielen, die ich eingangs genannt habe, ist bei keinem ein Ausrufezeichen nötig. „Herzlich willkommen.“ wirkt mit Punkt nicht weniger herzlich, beim ablaufenden Visum erzielt das „Achtung“ bereits die notwendige Aufmerksamkeit und beim Wunsch für die Zukunft steckt die Betonung im doppelten „alles“. Ergo: kein Ausrufezeichen nötig.
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