Holger Schaeben ist Ghostwriter und schreibt Bücher im Auftrag.
Für die Interviewreihe „Die KI und ich – Wie die KI meine Arbeit verändert hat“ hat er deutlich Position bezogen und ein Plädoyer auf das Schreiben ohne KI verfasst – obwohl er durchaus Lust hat, sich das mal anzusehen.
Sein Fazit:
Wenn ein Buch ohne Einsatz von KI geschrieben wurde, dann sollte man das auch sehr deutlich kenntlich machen. Etwa: „Frei von KI“. Produkte macht man schließlich auch kenntlich. Etwa: „Frei von Zusatzstoffen“.
INHALT:
Herausforderungen & negative Aspekte

Foto: Oliver Tjaden
Einstieg & Überblick
Kannst du uns kurz deinen beruflichen Hintergrund und deine Spezialisierung erläutern?
Ich schreibe Bücher im Auftrag. Bevor ich mich vor etwa zehn Jahren auf Ghostwriting spezialisiert habe, war ich fast zwei Jahrzehnte als Texter in der Werbung tätig.
Ich gehöre der Boomer-Generation an. Ich war anfangs ein Dinosaurus des Prints, kam vom Papier. Zur Technik kam ich nach und nach. Von der Schreibmaschine zum ersten Mac usw.
Inzwischen bin ich im Zeitalter der KI angekommen.
Wann und wie bist du zum ersten Mal mit KI-basierten Schreibwerkzeugen in Berührung gekommen?
Um das Thema KI mache ich keinen Bogen. Ich habe mich aber bisher noch nie aktiv damit auseinandergesetzt. Auf ein KI-basiertes Schreibwerkzeug bin ich zufällig gestoßen (worden).
Welche KI-Tools oder -Anwendungen nutzt du derzeit am häufigsten in deinem Arbeitsalltag?
Ich benutze hin und wieder „MS 365 Co-Pilot“ von Microsoft, da ich mit dem Office-Paket arbeite und mit „MS Word“ schreibe. Zurzeit ist es mehr ein Ausprobieren von KI. Mit anderen Worten: Ich habe mich nicht bewusst für ein KI-basiertes Schreibwerkzug entschieden.
Positive Auswirkungen
In welchen Bereichen hat KI deine Arbeitseffizienz gesteigert? Kannst du konkrete Beispiele nennen?
Ich nutze die Co-Pilot-KI eher selten. Ich verlasse mich auf meine natürliche Intelligenz, Erfahrung und Kreativität. Klingt vielleicht blasiert, ist aber so.
Ich lasse mich allerdings manchmal von Co-Pilot-Text-Vorschlägen inspirieren.
Bei mir läuft der Co-Pilot nebenher mit. Von daher trifft der Name „Co-Pilot“ den Nagel auf den Kopf.
Hat KI dir geholfen, neue kreative Ansätze zu entwickeln oder „Schreibblockaden“ zu überwinden? Wenn ja, wie?
Kreative Ansätze? Siehe oben. Die Arbeit an Büchern ist sehr komplex. Daher ist die besagte KI für mich bisher nur punktuell nützlich.
Ich bin nicht darauf angewiesen. Ich habe Recherche von der Pike auf gelernt. Schreibblockaden waren und sind bei mir eine Seltenheit.
Wenn ich mal nicht weiterkomme, gehe ich spazieren. Oder ich beschäftige mich mit anderen Inhalten. Ich kann mich darauf verlassen, dass es weitergeht.
Gibt es bestimmte Aufgaben, die du dank KI nun schneller erledigen kannst und durch die du mehr Zeit für andere Aspekte deiner Arbeit hast?
Nein.
Hat die Nutzung von KI-Tools zu einer Erweiterung deines Angebots oder deiner Dienstleistungen geführt?
Nein.
Herausforderungen & negative Aspekte
Welche Herausforderungen oder Schwierigkeiten hast du bei der Integration von KI in deinen Workflow erlebt?
Keine.
Inwieweit hat sich deine Rolle durch den Einsatz von KI verändert? Siehst du die Gefahr einer Entwertung bestimmter Fähigkeiten?
Eine Entwertung meiner Arbeit als Ghostwriter sehe ich nicht. Ich glaube, dass KI-generierte Texte und nicht KI-generierte Texte nebeneinander existieren können.
Gibt es Aspekte deiner Arbeit, bei denen KI-Tools (noch) keine sinnvolle Unterstützung bieten oder sogar hinderlich sind?
In meinem Schreibwerkzeugkasten spielt KI bisher eine untergeordnete Rolle. Ich bin zu wenig im Thema drin, um mir dazu eine Meinung bilden zu können.
Mir wäre Support von außen dienlich, der mir quick den individuellen Nutzen von KI für mich persönlich aufzeigte. Ich muss ja nicht verstehen, wie ein Motor konstruiert ist, um Autofahren zu können.
Mich würde interessieren, wie ICH durch den Einsatz von KI sichtbarer würde, weil damit auch meine Arbeit sichtbarer würde.
Allerdings hat der Ghostwriter ein Handicap: Er muss in der Regel unsichtbar bleiben. Ich habe bisher rund zwei Dutzend Bücher im Auftrag geschrieben. Mit nur sehr wenigen darf ich werben. Die Auftraggeber wollen ja schließlich, dass ihr Name auf dem Buchcover steht. Was sie nicht wollen, ist, dass sichtbar wird, dass sie einen Ghostwriter beauftragt haben. Das ist für mich absolut verständlich und legitim.
Wie stellst du sicher, dass die Qualität deiner Arbeit nicht unter dem Einsatz von KI leidet?
Würde meine Arbeit unter dem Einsatz von KI leiden?
Ethische und zukünftige Überlegungen
Welche ethischen Fragen oder Bedenken siehst du im Zusammenhang mit der Nutzung von KI im Schreibbereich (z.B. Urheberrecht, Originalität, Transparenz)?
Ich kann nur etwas zu Büchern sagen: Wenn ein Buch unter dem Einsatz von KI geschrieben wurde, dann sollte man das sehr deutlich kenntlich machen. Wenn ein Buch ohne Einsatz von KI geschrieben wurde, dann sollte man das auch sehr deutlich kenntlich machen.
Produkte macht man schließlich auch kenntlich. Etwa: Frei von Zusatzstoffen.
Beim Bier gibt´s das Reinheitsgebot. Leser bzw. Verbraucher können selbst entscheiden, zu welchem Buch sie lieber greifen.
Wenn es um Urheberrechte geht, dann sage ich ganz klar: Urheberrechte müssen geschützt werden; Tantiemen entsprechend an Urheber gezahlt werden.
Wie gehst du mit dem Thema Transparenz gegenüber deinen Kunden um, wenn du KI-Tools in deinem Schreibprozess einsetzt?
Trifft für mich nicht zu.
Welche Kompetenzen oder Fähigkeiten werden deiner Meinung nach in Zukunft in deiner Branche besonders wichtig sein, um sich im Zeitalter der KI zu behaupten?
Hundertprozentige Konzentration auf die eigenen Fähigkeiten. Herausstellung der Alleinstellungsmerkmale.
Und vor allem: Erkennen, was der Kunde will und das eigene Angebot möglichst spitz darauf ausrichten.
Wie schätzt du die langfristigen Auswirkungen von KI auf die Schreibbranche ein? Wird KI bestimmte Berufe ersetzen oder eher ergänzen?
Das ist in meinen Augen Kaffeesatzlesen. Ohnehin kann ich nur für mich sprechen.
Ich kann nicht sagen, wer sonst zukünftig unter KI „leiden“ wird. Aber es wird immer Verlierer und Gewinner geben.
Binsenweisheit…
Welchen Rat würdest du anderen in deiner Branche geben, die sich mit dem Thema KI auseinandersetzen möchten?
Wäre ich Ratgeber, würde ich eventuell strategisches Gut preisgeben. No way!
und außerdem…
Gibt es noch etwas, das du zum Thema „KI und Schreiben“ hinzufügen möchtest?
Ich habe schon mit KI gearbeitet, da gab es KI wie wir es heute verstehen noch gar nicht. Meine Frau heißt Kirsten.
Scherz.
Du siehst, ich nehme nicht alles so ernst, mich selbst auch nicht.