Claudia Kastizen ist Journalistin, Ernährungsberaterin und Autorin.
Für die Interviewreihe „Die KI und ich – Wie die KI meine Arbeit verändert hat“ hat sie eine sehr wichtige Botschaft:
Die KI ist keine neue Chefin, sie bestimmt nicht unser Tun, sie nimmt mir nicht den Job weg – sie ist lediglich eine gute Praktikantin.
INHALT:
Herausforderungen & negative Aspekte

Einstieg & Überblick
Kannst du uns kurz deinen beruflichen Hintergrund und deine Spezialisierung erläutern?
Ich arbeite seit 20 Jahren als Journalistin und habe vor allem als TV-Redakteurin Filme für Galileo, Servus TV, Abenteuer Leben und Zervakis&Opdenhövel.live produziert.
Nebenbei habe ich eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin absolviert mit dem Ziel, meine Leidenschaft für Ernährung und Gesundheit mit meiner journalistischen Arbeit zu verbinden.
Als freie Autorin für die Themenbereiche „Ernährung und Gesundheit, Sport und Bewegung, Ratgeber“ und als Ernährungsberaterin darf ich nun jeden Tag meinem absoluten Traumjob nachgehen.
Wann und wie bist du zum ersten Mal mit KI-basierten Schreibwerkzeugen in Berührung gekommen?
An das „allererste Mal“ kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber an mein erstes Projekt / Experiment mit der KI: Ich habe einen Artikel über „die Superkraft der gesunden Milchsäurebakterien“ geschrieben. Mit verschiedenen Prompts habe ich die KI so weit gebracht, dass sie den Artikel im Stil der Hip Hop Band „Die fantastischen Vier“ umgeschrieben hat. Das Ergebnis habe ich auch auf LinkedIn gepostet.
Nur eins meiner Learnings: Die KI hatte einen ganzen Absatz einfach weggelassen (Zusammenhang war nicht mehr gegeben) und an einer wichtigen Stelle das Wort „gesund“ gestrichen (Aussage war dadurch nicht ganz korrekt) – das habe ich durch langwieriges Vergleichen der beiden Texte herausgefunden. Diese Zeit nutze ich lieber, um an meinen eigenen Formulierungen zu feilen.
Das war ein bewusstes Experiment mit dem Ziel, Grenzen der KI zu erforschen. Bis jetzt habe ich keinen meiner Artikel von der KI umschreiben lassen – das lässt meine journalistische Ehre und mein Ehrgeiz (noch) nicht zu.
Welche KI-Tools oder -Anwendungen nutzt du derzeit am häufigsten in deinem Arbeitsalltag?
Ich nutze ChatGPT. Meine häufigsten Anwendungen sind die Suche nach Unterthemen, wenn ich zu einem Oberthema an der Gliederung arbeite. Da hat die KI manchmal noch Ideen, auf die ich noch nicht gekommen bin.
Zusätzlich nutze ich die KI auch für die Keyword-Recherche, aber nur zusätzlich. Die gängigen Keyword-Tools sind hier noch nicht zu ersetzen.
Falls ich für meine Posts auf Social Media keine passenden und frei zugänglichen Fotos finde, leite ich die KI an Fotos zu kreieren. Diese kennzeichne ich mit dem Hinweis „Foto von der KI erstellt“.
Positive Auswirkungen
In welchen Bereichen hat KI deine Arbeitseffizienz gesteigert? Kannst du konkrete Beispiele nennen?
Wie oben schon beschrieben nennt mir die KI manchmal noch zusätzliche Aspekte zu einem Oberthema. Das spart mir natürlich Zeit.
Auch wenn ich manchmal ein konkretes Wort, einen knackigen Begriff oder eine lustige neue Wortkreation suche, war die KI schon hilfreich.
Beispiel: Eines meiner Ernährungsprogramme heißt „Der Anti-Zucker-Masterplan: Vom Zuckerjunkie zum Zuckeryogi“. Ich habe das positive Pendant zu Junkie gesucht und mithilfe der KI gefunden. Natürlich muss so eine Wortneukreation zu mir, meinen Werten und dem Angebot passen.
Hat KI dir geholfen, neue kreative Ansätze zu entwickeln oder „Schreibblockaden“ zu überwinden? Wenn ja, wie?
ABER: diese guten Ideen gibt die KI auch anderen Usern. Deshalb muss ich mir im Klaren sein, dass ich nicht die Einzige bin, die diese Form der Umsetzung nutzt.
Gibt es bestimmte Aufgaben, die du dank KI nun schneller erledigen kannst und durch die du mehr Zeit für andere Aspekte deiner Arbeit hast?
Hat die Nutzung von KI-Tools zu einer Erweiterung deines Angebots oder deiner Dienstleistungen geführt?
Ja: Anfangs war ich – aus vielen verschiedenen Gründen – von einer Ernährungsberatung, die auch online stattfinden kann, nicht begeistert. Als ich die KI fragte, was eine „familienfreundliche“ Ernährungsberatung ausmacht, war die erste Antwort: online. Und ich gebe ihr recht: Eltern stecken im Hamsterrad – jede Fahrt, die sie nicht machen müssen, ist ein Gewinn.
Manchmal muss man erst etwas schwarz auf weiß lesen, damit es klick macht.
Herausforderungen & negative Aspekte
Gibt es Aspekte deiner Arbeit, bei denen KI-Tools (noch) keine sinnvolle Unterstützung bieten oder sogar hinderlich sind?
Wie stellst du sicher, dass die Qualität deiner Arbeit nicht unter dem Einsatz von KI leidet?
Ich bin mir meiner journalistischen Sorgfaltspflicht und dem Bildungsauftrag bewusst. Diese Verantwortung kann und werde ich niemals in die Hände einer KI legen. Wenn Informationen aus meinen Artikeln oder in meinen Ernährungsberatungen hinterfragt werden, ist es mein Anspruch mit sauberen Quellen zu antworten und diese offen zu legen.
So entsteht Vertrauen zu meinen Kunden. Nur so kann ich langjährige Geschäftsbeziehungen aufbauen.
Ethische und zukünftige Überlegungen
Welche ethischen Fragen oder Bedenken siehst du im Zusammenhang mit der Nutzung von KI im Schreibbereich (z.B. Urheberrecht, Originalität, Transparenz)?
Wie gehst du mit dem Thema Transparenz gegenüber deinen Kunden um, wenn du KI-Tools in deinem Schreibprozess einsetzt?
Welche Kompetenzen oder Fähigkeiten werden deiner Meinung nach in Zukunft in deiner Branche besonders wichtig sein, um sich im Zeitalter der KI zu behaupten?
Wie schätzt du die langfristigen Auswirkungen von KI auf die Schreibbranche ein? Wird KI bestimmte Berufe ersetzen oder eher ergänzen?
Neue Berufe entstehen: Viele Journalisten haben ihre KI-Kenntnisse schon zu einer Expertise gemacht. Ich denke an Bücher wie „Schreiben mit der KI“ oder an Newsletter, die die neuesten KI-Anwendungen regelmäßig thematisieren. Wir sehen also ganz klar, dass da neue Berufsfelder entstanden sind.
Berufe verändern sich: Die KI ist sehr schnell ein fester Bestandteil der journalistischen Arbeit geworden. Aber ganz ehrlich: Wir Journalisten sind doch die neugierigsten Menschen der Welt! Das ist der Grund, warum ich Journalistin geworden bin – ich kann jeden Tag meine Nase in neue Themenbereiche stecken – fantastisch. Mit dieser Neugierde und diesem Wissensdurst müssen wir auch an die KI ran. Wir können nur gewinnen.
Berufe ersetzen: Ich denke nicht, dass die KI ganze Berufe komplett ersetzt. Im Bereich „informatives Schreiben“ (technische Anleitungen, Infomails) kann die KI, gefüttert mit den wichtigen Details, bestimmt schnell Texte verfassen. Trotzdem muss der Mensch die KI erst so weit bringen und dann die Ergebnisse überprüfen.
Negative Beispiele sind hier Übersetzungen, die kein Mensch jemals gelesen hat: Eine Anleitung zum Aufbau eines Gartenhäuschens, gespickt mit eigenartigen Wörtern, die wir so im Deutschen nicht verwenden oder vielen Rechtsschreibfehlern, macht keinen Spaß – diesen Hersteller empfehle ich nicht weiter, da kann das Gartenhäuschen noch so günstig sein.
Welchen Rat würdest du anderen aus deiner Branche geben, die sich mit dem Thema KI auseinandersetzen möchten?
Keine Angst vor der KI und bitte auch keine absolute Ablehnung, ohne jemals mit der KI gearbeitet zu haben. Ich höre oft „das macht jetzt doch die KI“ – nein! Die KI macht hier nichts und schon gar nicht allein! ICH entscheide, was die KI macht, welche Informationen ich ihr gebe, wie ich ihre Ergebnisse bewerte und wann ich diese weiterverarbeite.
Die KI ist keine neue Chefin, sie bestimmt nicht unser Tun, sie nimmt mir nicht den Job weg – sie ist lediglich eine gute Praktikantin.
Wobei eine gute menschliche Praktikantin zusätzlich echte Gespräche, authentische Gefühle und individuelle Ideen bietet – im Journalismus unersetzbar.
und außerdem…
Gibt es noch etwas, das du zum Thema „KI und Schreiben“ hinzufügen möchtest?
