Matthias Weiss ist Redenschreiber, Texter und Coach.
Obwohl er im Schreibprozess die KI nicht einsetzt, hat er sich für die Interviewreihe „Die KI und ich – Wie die KI meine Arbeit verändert hat“ Zeit genommen, um die Fragen zu beantworten.
Sein Fazit:
Es wäre sicher unklug, KI zu ignorieren, denn sie ist gekommen, um zu bleiben. Genauso unklug wäre es allerdings auch, zu glauben, dass sie jemals menschliches Sprachgefühl und das Wertvolle „zwischen den Zeilen“ wird beherrschen können.
INHALT:
Herausforderungen & negative Aspekte

Foto: Fany Fazii
Einstieg & Überblick
Kannst du uns kurz deinen beruflichen Hintergrund und deine Spezialisierung erläutern?
Ich arbeite als Redenschreiber und Texter. Zudem bin ich auch als Coach für Bühnen- und Kamerapräsenz tätig und helfe Menschen dabei, sicher, authentisch und überzeugend zu reden. Das gibt es auf Wunsch auch im Paket, also die Rede plus das genau darauf abgestimmte Coaching.
In der Vergangenheit habe ich neben „Gebrauchtstexten“ und Reden auch Kurzgeschichten und Lieder geschrieben. Daraus entstanden zwei abendfüllende Solo-Programme, mit denen ich deutschlandweit auf Tour war. Außerdem habe ich auch Lieder als Auftragsarbeiten für Firmenkunden geschrieben – Inhalt, Wording und Botschaft jeweils auf Marke und/oder Produkt abgestimmt.
Wann und wie bist du zum ersten Mal mit KI-basierten Schreibwerkzeugen in Berührung gekommen?
Während eines beruflichen „Ausflugs“ war ich einige Jahre in der Markt- und Meinungsforschung tätig. Dort wurde der Einsatz von KI sowohl bei der Formulierung von Fragebögen als auch bei der Auswertung der gewaltigen Datenmengen getestet.
Welche KI-Tools oder -Anwendungen nutzt du derzeit am häufigsten in deinem Arbeitsalltag?
Hauptsächlich MS Copilot und Perplexity. Ab und zu beide zur selben Aufgabenstellung, sozusagen um eine „Zweitmeinung“ einzuholen.
Positive Auswirkungen
In welchen Bereichen hat KI deine Arbeitseffizienz gesteigert? Kannst du konkrete Beispiele nennen?
Ich nutze KI hauptsächlich als eine Art „Google Deluxe“, also um bestimmte Fragen schneller zu klären als es mit einer Recherche via Google (noch lieber: Ecosia!) möglich wäre. Neulich bspw. bei der Suche nach einem Videoschnittprogramm, das bestimmte für mich wichtige Features bietet. Das spart immens Zeit.
Allerdings wende ich KI als Suchmaschinen-Ersatz nur sparsam an, weil der Energiebedarf wesentlich höher, und die Ökobilanz damit wesentlich schlechter, ist.
Hat KI dir geholfen, neue kreative Ansätze zu entwickeln oder „Schreibblockaden“ zu überwinden? Wenn ja, wie?
In dieser Hinsicht habe ich KI bisher noch nicht genutzt.
Gibt es bestimmte Aufgaben, die du dank KI nun schneller erledigen kannst und durch die du mehr Zeit für andere Aspekte deiner Arbeit hast?
Bei bestimmten Recherchen wie weiter oben beschrieben.
Hat die Nutzung von KI-Tools zu einer Erweiterung deines Angebots oder deiner Dienstleistungen geführt?
Bisher noch nicht.
Herausforderungen & negative Aspekte
Welche Herausforderungen oder Schwierigkeiten hast du bei der Integration von KI in deinen Workflow erlebt?
Beim Einsatz von KI als Recherchetool ist (zumindest zurzeit noch) eine Kontrolle unerlässlich.
Ein erster Versuch für eine Pressemeldung zu bestimmten Locations innerhalb Berlins war dahingehend leider recht enttäuschend. Hätte ich nicht noch „händisch“ kontrolliert, wären etliche falsche Angaben im Text gelandet.
Auch anderweitige Recherchen bringen immer wieder unzuverlässige Ergebnisse.
Inwieweit hat sich deine Rolle durch den Einsatz von KI verändert? Siehst du die Gefahr einer Entwertung bestimmter Fähigkeiten?
Eine Veränderung meiner Rolle konnte ich bisher noch nicht beobachten.
Dass bestimmte Fähigkeiten entwertet werden, halte ich durchaus für möglich. Es wird, wie in vielen anderen Bereichen auch, sicher Menschen geben, die niedrige Ansprüche haben und/oder nicht das Gespür, einen guten von einem mittelmäßigen Text zu unterscheiden. Das kann sicher zu einer Einstellung führen wie „Für mich reicht auch ein Text von der KI – ist günstiger und geht schneller.“
Gibt es Aspekte deiner Arbeit, bei denen KI-Tools (noch) keine sinnvolle Unterstützung bieten oder sogar hinderlich sind?
Beim Verfassen von Texten verzichte ich weiterhin komplett auf KI. Das ist für mich eine Frage des Gefühls – ein Text ist eine Schöpfung von mir und ich täte mich schwer, mir da „maschinell“ helfen zu lassen.
Wie stellst du sicher, dass die Qualität deiner Arbeit nicht unter dem Einsatz von KI leidet?
Siehe weiter oben: Wenn ich KI zur Recherche einsetze, kontrolliere ich selbst noch die Richtigkeit der Angaben.
Ethische und zukünftige Überlegungen
Welche ethischen Fragen oder Bedenken siehst du im Zusammenhang mit der Nutzung von KI im Schreibbereich (z.B. Urheberrecht, Originalität, Transparenz)?
Da KI sich (bisher) nur aus Vorhandenem speist, habe ich tatsächlich sowohl in Sachen Urheberrecht als auch in puncto Originalität sehr gemischte Gefühle. Für eine genauere Beurteilung fehlt mir allerdings das Hintergrundwissen.
Wie gehst du mit dem Thema Transparenz gegenüber deinen Kunden um, wenn du KI-Tools in deinem Schreibprozess einsetzt?
Ich setze KI nicht im Schreibprozess ein.
Welche Kompetenzen oder Fähigkeiten werden deiner Meinung nach in Zukunft in deiner Branche besonders wichtig sein, um sich im Zeitalter der KI zu behaupten?
Wer tatsächlich KI zur Erstellung von Texten nutzt, wird sicher nicht umhinkommen, sich sehr genau mit der treffsicheren Formulierung von Prompts zu befassen. Das wird gewiss mehr und mehr eine wichtige Qualifikation werden.
Wie schätzt du die langfristigen Auswirkungen von KI auf die Schreibbranche ein? Wird KI bestimmte Berufe ersetzen oder eher ergänzen?
Aktuell werden ja schon KI-generierte Texte veröffentlicht, z. B. auf Nachrichtenseiten. Sicherlich wird das in Zukunft noch zunehmen und auch menschliche Arbeitskraft ersetzen. Ob komplette Berufe gänzlich von KI ersetzt werden? Für eine Aussage darüber fehlen mir die nötigen Kenntnisse.
Ergänzungen halte ich für möglich, z. B. als „Lieferant“ für Ideen, Hilfestellung bei Schreibblockaden oder als Recherchetool – wenn auch Letzteres mit noch eingeschränkter Zuverlässigkeit.
Welchen Rat würdest du anderen in deiner Branche geben, die sich mit dem Thema KI auseinandersetzen möchten?
Sobald es um „handfeste“ Fakten geht – lieber nochmal „händisch“ überprüfen. Und ansonsten: probieren, probieren, probieren.
und außerdem…
Gibt es noch etwas, das du zum Thema „KI und Schreiben“ hinzufügen möchtest?
Die Möglichkeit, mit der KI regelrecht im Dialog zu sein, also ganze Gespräche zu führen, um Ergebnisse zu ergänzen oder zu optimieren, finde ich sehr spannend. Ich bin neugierig, wie sich diese Fähigkeiten der KI in Zukunft noch entwickeln werden.
Und bitte, lasst uns den Energiehunger von KI nicht aus den Augen verlieren. Das klingt evtl. nach „Spaßbremse“, zugegeben. Aber wir leben nun mal in einer Zeit, in der das eine große Rolle spielt.
Fazit:
KI bietet spannende und vielversprechende Möglichkeiten. Es wäre sicher unklug, KI zu ignorieren, denn sie ist gekommen, um zu bleiben. Genauso unklug wäre es allerdings mMn auch, zu glauben, dass sie jemals menschliches Sprachgefühl und das Wertvolle „zwischen den Zeilen“ wird beherrschen können.